Fotografie - Natur, Kultur und Geschichte
von Gruiten

Abseits der Straßen   über das Romsdalsfjell zum Mardalsfoss


Kurzbeschreibung (Stand 2002)

Von Åndalsnes fahren wir auf der E136 in Richtung Dombås. Nach ca. 45 km kurz vor Bjorli sehen wir an der rechten Straßenseite eine alte steinerne Eisenbahnbrücke. Sie überquert die Rauma. An dieser Straßenkreuzung (rechts geht es ins Bröstedalen) biegen wir links ab und folgen dem Verkehrsschild in Richtung Brude. Wir bleiben auf dieser Straße. Brude lassen wir links liegen und fahren weiter bergauf. Nach einigen Serpentinen und einem herrlichen Blick auf die umliegenden Berge sehen wir rechts am Straßenrand die aus Steinen gebaute kleine Johanhytta. Sie ist nicht abgeschlossen und dient als Notunterkunft für Bergwanderer. Auf der besonders an trockenen Tagen sehr staubigen Sandstraße fahren wir weiter in Richtung Mardalsfoss. Die Straße erreicht eine Höhe von 1136 m. Rechts und links sehen wir zahlreiche kleine und größere Seen, die teilweise miteinander verbunden sind. Sie dienen der Stromgewinnung aus Wasserkraft. Der gesamte Versorgungsweg ist etwa 30 Kilometer lang. Die Fahrzeit beträgt bei langsamer Fahrweise ungefähr eine Stunde. Kurz bevor wir den auf der Karte mit P1 bezeichneten Parkplatz erreichen gibt es noch eine Abzweigung nach links, die wir aber ignorieren. Wir fahren noch ca. 1,2 Kilometer weiter und parken an dem Kraftwerksgebäude. Die Wanderzeit zum Aussichtspunkt Mardalsfossen beträgt ca. 15 bis 20 Minuten. Der Fußweg dorthin ist gut zu erkennen.  

Schwierigkeitsgrad:

Wanderung vom Parkplatz 1: für alle geeignet,

Wanderung vom Parkplatz 2:  Für Kleinkinder nicht geeignet

Beschreibung: Siehe Artikel Mardalsfoss, der 2. Versuch

2. Versuch Wetter: Wanderungen nur bei gutem Wetter antreten.

Zeit: Den ganzen Tag einplanen.

Wanderzeit vom Parkplatz 1: 1 1/2 Stunden, hin und zurück inkl. Aufenthalt 

Wanderzeit vom Parkplatz 2: 2 1/4 Stunden, hin und zurück inkl.Aufenthalt 

Entfernung: Åndalsnes  Brude  Mardalsfossen ca. 75 km

Ausrüstung: Wanderkarte, feste Wanderschuhe, Kleidung nach Wetterlage

Verpflegung / Getränke: Nach Bedarf

Karten: Romsdalsalpene Tourkarte im Maßstab 1:80.000 

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Um zum Parkplatz P2 zu kommen, fahren wir ca. 6 Kilometer zurück bis zum See Fossafjelltjønna. Hier befindet sich auf der linken Seite der Straße ebenfalls ein kleines Gebäude. Wir parken das Auto und folgen dem Wanderweg.


30 Kilometer Sandstraße –  in 1000 Meter Höhe durch eine andere Welt

Eine aufregende Tour beginnt

„Anleggsveien fra Brude over fjellet er enda ikke tilgjengelig på grunnav is og snø på fjellet.“ Nach dieser Aussage, der Versorgungsweg von Brude übers Fjell Richtung Eikesdal sei noch wegen Eis und Schnee gesperrt, trollen wir uns enttäuscht zur Tür der Touristeninformation Åndalsnes hinaus. Wir haben Juli und ein unglaublicher Sommer herrscht in Norwegen.

Den anleggsvei (Anliegerweg) übers Fjell zum Mardalsfoss am Eikesdalsvatn haben wir schon mit dem Finger auf der Straßenkarte erkundet. 30 Kilometer über ein Fjell, das eingerahmt zwischen den Gipfeln vom Romsdal und Eikesdal liegt und das 1970 in die norwegische Geschichte eingegangen ist, als Naturschützer sich der Nutzbarmachung von Wasserkraft widersetzten.

Unsere Neugierde ist stärker als die Aussage der freundlichen Dame im Touristenbüro. Wir fahren langsam die ansteigende Straße nach Brude hinauf. Hier und da erhaschen wir durch die seitliche Bepflanzung einen schönen Ausblick ins wilde Romsdalen.

Die Schranke, die den Privatweg von der Straße trennt, steht senkrecht – ist der Weg doch befahrbar? Wir suchen nach einer Information; müssen wir eine Gebühr entrichten oder gibt es irgendwo einen Hinweis über den Zustand des Weges? Nur ein Schild Benutzung auf eigene Gefahr– sonst nichts. Als Antwort flitzt ein Transporter den Weg hinauf. Wir beschließen, es auf eigene Faust zu versuchen.

Der steile, aufgeweichte und mit groben Steinen übersäte Weg fordert Fahrer und Auto. In 1000 Meter Höhe öffnet sich wie durch ein Tor eine andere Welt. Nach dem letzten Grün des üppigen Romsdals sehen wir jetzt eine weite, graue Ebene vor uns liegen, an den Rändern gespickt mit schneebedeckten Gipfeln.

Wir bewundern die großartige Gebirgslandschaft und nicht zuletzt einen mit schwerem Rucksack bepackten Wanderer, der sich in Richtung Eikesdalen unseren Augen entzieht. Wanderwege des DNT kreuzen das gesamte Gebiet. Die nicht ganz leicht zu bewältigenden Routen werden für Wanderer zu unvergesslichen Erlebnissen.

Dicke, im gleißenden Licht blendende Schneeflächen begleiten uns rechts und links des Weges. Im See Sandgrovvatn spiegelt sich das Blau des Himmels. Wir folgen der Straße und entdecken schnell die zum Zweck von Energiegewinnung vorgenommenen Eingriffe in die Natur. Sie sind auch in dieser großartigen Landschaft nicht zu übersehen.


Bild oben: Blick ins wilde Romsdal

Bild Mitte: Eine andere Welt  in 1000 m Höhe.

Bild unten: Reste des letzten Winters

 

Sandgrovvatn – umgeben von einem beeindruckenden Gebirgspanorama

Der Mardalsfoss

Als die norwegische Regierung 1970 grünes Licht gab, das Wasser des Mardalsfoss für die Stromerzeugung zu nutzen, leisteten Naturschützer und ein Teil der Bewohner dieser Region massiven Widerstand. Es entstand ein bis dahin in Norwegen nicht gekannter Aufruhr. Die Demonstranten errichteten ein Lager im Romsdalsfjell und ketteten sich an Baumaschinen, um den höchsten Wasserfall Nordeuropas zu retten. Tageszeitungen berichteten damals bis über die Landesgrenzen hinaus von den Demonstrationen.

Der Mardalsfoss hat eine Gesamthöhe von 655 Metern, davon 297 Meter im freien Fall. Die Energie- und Wasserwerke Norwegens gewannen den Kampf und die Baumaßnahmen wurden fortgesetzt. Die Wassermassen werden fast das ganze Jahr über durch Turbinen ge-presst und erzeugen dabei etwa 160 Millionen Kilowattstunden Strom. Deshalb ist der Wasserfall die meiste Zeit des Jahres nur ein Rinsal. Die Naturschützer erreichten lediglich, dass in den Sommermonaten Juli / August drei Kubikmeter Wasser pro Sekunde fließen müssen. So kann das Naturschauspiel dieses Wasserfalls für kurze Zeit während der Sommermonate bewundert werden.

Die Schotterstraße schlängelt sich wie ein dünner Faden weiter über das Fjell und endet nach einstündiger Fahrt am Nedre Mardalsvatn. Wind pfeift und bläht ein einsames Zelt auf. Ein paar verlassene Campingstühle stehen im Schutz eines Wohnwagens und teilen uns mit, dass wir nicht völlig allein hier oben sind. Außer uns macht sich noch eine dänische Familie zu Fuß auf den Weg zum MardaIsfoss. Nebel quillt vom Eikesdalsvatn herauf und verbirgt Länge und Beschaffenheit des Weges. Zwanzig Minuten stapfen wir den trockengelegten Fluss Mardøla entlang und mutig in die Nebelwand hinein. Unsere Gedanken weilen bei den Naturschützern, die 1970 auch um diesen Fluss gekämpft hatten. Auswaschungen und rund geschliffene Steine erzählen viel von der ursprüngliche Kraft des Wassers. Vom ehemals wild schäumenden Fluss, ist nur ein Rinnsal übrig geblieben.

aAuf dem Weg zum Aussichtspunkt aMardalsfossen

Wir genießen den Anblick auf den Mardalsfoss

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Ab und zu reißt der Wind große Lücken in den Nebel und gibt den Blick über die Bergwelt und hinunter ins Eikesdal frei. Dann können wir die neue Straße, die am See entlang führt und 1991 fertiggestellt wurde, erkennen,

Wir sind von steil abfallenden Bergen umgeben. Unsere Rucksäcke ruhen auf einer Steinplatte. Die mitgebrachte Wegzehrung und der Kaffee aus der Thermosflasche schmecken vorzüglich. Zuerst versteckt sich der Mardalsfoss hinter Nebelschwaden. Doch geduldiges Warten lohnt sich immer und so ist nach einiger Zeit der Blick auf dieses beeindruckende Naturschauspiel frei. Feuchtigkeit und Kühle beachten wir nicht; gleichmäßiges Rauschen lässt den Wunsch erwachen, einige Kilometer zurück, direkt an die obere Kante vom Mardalsfoss zu gelangen.

Nur ein Versuch!

Heute erreichen wir die Abflusskante des Mardalsfoss nicht.

Nur in den Sommermonaten Juli / August ist der Wasserfall zu bewundern.

Bild oben: Der direkte Abfluss des Mardalsfoss ist nicht zu erreichen. Ein steiles Schneefeld und aufkommender Nebel zwingen uns zur Umkehr.

Bild unten: Auf dem Rückweg zum Auto geht der Atem schon etwas schneller.

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Dieser Wunsch wird heute nicht erfüllt. Der Weg über das Fjell ist zwar frei, aber jetzt hindert uns ein großes, steiles Schneefeld daran, ohne Hilfsmittel weiterzukommen. Hier reichen auch die festen Bergschuhe nicht mehr.

Die Kälte des Nordhangs dringt schnell durch die sommerliche Kleidung, erinnert uns an die Regeln für Bergtouren, dass unter anderem warme Kleidung erforderlich ist. Wieder kriecht Nebel langsam aus dem Tal empor und verwandelt die Bergwelt in mystische, von Trollen bewohnte Gebilde. Merkmale, die den Weg zurück zum Auto weisen sollen, verlieren sich im grauen Nichts. Der Atem geht schon etwas schneller, das müssen wir zugeben.

Nach wenigen Kilometern auf dem Fahrweg zurück ins Romsdal werden wir wieder von der Sonne verwöhnt. Zwei Fjordpferde, die sich hier oben sichtlich wohl fühlen, besuchen uns während einer kleinen Pause, wobei das Auto ihr größtes Interesse erweckt. Am liebsten würden sie einsteigen, so anziehend sind Brötchen und Gebäck. Vielleicht suchen sie auch nur Gesellschaft, denn einsam, ja, das ist man hier oben auf jeden Fall.


Bild unten: Fjordpferde besuchen uns

Bild oben: Eine andere, neue Welt empfängt uns in 1000 Meter Höhe.

 


Mardalsfoss –  der zweite Versuch

Ein herrlicher Blick auf den 990 Meter hoch gelegenen See Mardalstjønna

Nachdem wir beim ersten Anlauf die Abflusskante vom Mardalsfoss nicht erreichen konnten, weil uns ein Schneefeld daran hinderte, wagen wir einige Jahre später einen zweiten Versuch.

Es ist September und die letzten Tage waren sommerlich warm. Selbst die Norweger können sich nicht daran erinnern, in den Jahren zuvor einen derartig heißen Sommer erlebt zu haben. Also fahren wir wieder die steile und staubige Straße hinauf ins Romsdalsfjell. Die Seen haben sehr wenig Wasser und Schnee ist weit und breit nicht zu sehen. Die Hoffnung den Mardalsfoss zu erreichen wächst. Die topographische Karte zeigt, dass die Entfernung von der Parkmöglichkeit bis zur Abflusskante etwa ein Kilometer beträgt. Es sind kaum große Höhenunterschiede zu erkennen und so müsste diese Strecke relativ schnell zu überwinden sein.

Ein Platz für das Auto ist sofort gefunden und die Wanderung kann beginnen. Etwa 100 Meter weiter öffnet sich die Landschaft und wir erkennen den See Mardalstjønna. An die Einzelheiten der Wanderung vor ein paar Jahren können wir uns nur noch schwach erinnern. Damals wie heute ziehen Nebelschwaden vom Eikesdal herauf bis auf die Hochebene. Sie lösen sich nur langsam auf und geben schließlich doch den Blick frei. Diesmal lassen wir uns nicht aufhalten. Wir wollen den Mardalsfoss erreichen. Das erste Hindernis lässt nicht lange auf sich warten. Wir müssen an einer steilen Stelle etwa 20 Meter absteigen. Ein Weg ist nicht zu erkennen und so sucht jeder auf seine Art den Fuß dieser Steilwand zu erreichen. Ich muss gestehen, es ist nicht ganz leicht. Loses Gestein und rutschige Felsen kosten Kraft und Konzentration.  

Unten angekommen ist das Fortkommen einfacher. Der Weg führt am linken Seeufer entlang, steigt aber nach einigen hundert Metern wieder an. Das zweite Hindernis liegt nun vor uns. Ein plötzlicher Abstieg, abermals sehr steil, macht uns zu schaffen. An dieser Stelle führt ein schmaler, direkt an der steilen Felswand liegender kaum sichtbarer Pfad nach unten an den See. Er ist mit losem Gestein übersäht und deshalb ziemlich rutschig. Hier war damals das Schneefeld und wir sind jetzt froh, dass wir vor einigen Jahren den Abstieg nicht gewagt haben. Schwindelfreiheit und ein wenig Mut sind gefragt und so kommen wir gut unten an. Der Rest der Wanderung verläuft ohne größere Probleme. Nach der Überquerung eines kleinen Geröllfelds erreichen wir nach der letzten Biegung endlich den Abfluss des Sees. Der Weg ist zu Ende und normalerweise stürzt hier das Wasser mit voller Kraft in die Tiefe. Leider erleben wir den Mardalsfossen heute nur als ein Rinnsal. Am 15. August wird der Wasserfall „ins Rohr gelegt“, wie die Norweger sagen, weil das Wasser zur Energiegewinnung genutzt wird.

Trotz der Nebelschwaden, die vom Eikesdal heraufziehen, genießen wir den herrlichen Ausblick ins Tal und auf den Eikesdalvatn. Unser Ziel ist erreicht und glücklich haben wir alle Hindernisse überwunden. Der Rückweg geht leichter und schneller. Steilhänge hinaufzusteigen ist oft wesentlich einfacher als mit dem Abgrund vor Augen abwärts zu klettern. Etwa nach zweieinhalb Stunden – Zeit spielt in dieser Natur keine große Rolle – sind wir zurück am Auto und genießen auf der Rückfahrt zur Hütte diese unvergessliche Bergwelt.

 

 

Eikesdalen eine Perle Norwegens

„Der Eikesdalsvatn gehört landschaftlich zu den Perlen Norwegens“, behauptet ein schwedischer Norwegenkenner bei einem Plausch  unterwegs. Der See liegt nur 26 Meter über dem Meeresspiegel, ist 20 Kilometer lang und ungefähr 155 Meter tief. Die steilen Felswände auf beiden Seiten sind bis1800 Meter hoch. Das Klima ist sehr günstig; es fällt nur die Hälfte des in Westnorwegen üblichen Niederschlags.

Um zum Mardalsfossen zu kommen, der mit 297 Meter einer der höchsten Wasserfälle Europas ist, fahren wir am See entlang bis zu einem Parkplatz am Ende der Straße. Der dort ausgeschilderte Fußweg führt durch einen kleinen Wald leicht bergauf zum Mardalsfossen. Die Wanderzeit beträgt etwa 20 Minuten und ist auch für Familien geeignet. Mit einer wunderbaren Aussicht auf den Wassserfall wird man belohnt.

  • Bild 1: Der Eikesdalsvatn gehört landschaftlich zu den Perlen Norwegens.
  • Bild 2: Ein aufregendes Naturschauspiel, der Mardalsfoss mit 297 Meter einer der höchsten Wasserfälle Europas. (Nur in den Sommermonaten Juli / August in seiner ganzen Schönheit zu sehen)
  • Bild 3: Blick über den Eikesdalsvatn noch immer ein Geheimtipp
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Copyright für Text, Fotos und Karten E. u. P. Westerwalbesloh

 
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