Norwegen
Schon im Jahre 320 vor Christus wurde von einer Reise in den hohen Norden berichtet. „Dort findet man eine Insel mit einem unauflöslichen Gemisch von Erde, Wasser und Luft. Während der Wintersonnenwende gibt es dort keinen Tag“, heißt es. Diese und ähnliche Geschichten waren zu einer Zeit äußerst beliebt, als sich die Wikinger mit ihren Booten aufmachten, die Färöer, Shetlandinseln, Island und Grönland zu erkunden.
Für uns ist es heute denkbar einfach geworden, die nördlichen Länder Europas zu erreichen. Dennoch hat speziell Norwegen nichts von der Faszination für uns verloren. Als Fotografen lassen wir Licht, Wetter und Jahreszeiten malen und setzen die Kameras als Werkzeuge ein, um Naturschauspiele im Bild festzuhalten. „Norwegen – der Weg gen Norden". So oft wie möglich setzen wir diesen Satz in die Tat um. Zwar mit modernen Fortbewegungsmitteln, doch immer wieder mit der frohen Erwartung Fjorde, Fjell oder zerklüftete Küsten zu erleben, die einst von den Eiszeiten geformt wurden. Die Sehnsucht nordwärts zu reisen begleitet uns, während wir, wieder daheim, die fotografische Ausbeute bearbeiten und katalogisieren.
Die Landessprache ist der Schlüssel, die Herzen der Norweger zu öffnen. Und dies tun sie, gastfreundlich, tolerant und ehrlich. Das Land Norwegen gehört mit der Ölproduktion, den Gasvorkommen, EDV und Kommunikationstechnik, Fischzucht, um nur einige Wirtschaftszweige zu nennen, zu den reichsten Ländern der Welt. Trotz moderner Technik sind die Norweger auch ein Volk der Tradition. Feste aller Art werden in traditioneller Weise begangen. Bunad, die norwegische Tracht, Folklore und ihre Lieder erfahren seit Jahren eine Renaissance. Mit das Wichtigste im Leben eines Norwegers ist der Tag der Norwegischen Verfassung. Jedes Jahr am 17. Mai wird dieser im ganzen Land mit farbenprächtigen Umzügen gefeiert.
Mit der Idee zu dieser Internetseite versuchen wir eine Verbindung von Kultur und Natur aufzuzeigen. Alle Wander- und Tourenbeschreibungen sind eigene Erlebnisse. Der kulturelle Teil ist nach gründlichen Recherchen und mit Hilfe von norwegischen Freunden entstanden. Wir möchten uns ausdrücklich bei allen, die uns unterstützt haben, bedanken.
Erika u. Paul Westerwalbesloh
Mein erster Kontakt mit Norwegen – Ursprung meiner Begeisterung
Eine schwere Entscheidung Sechs Freunde wollten 1960 in Rom die Olympischen Spiele besuchen. Doch der Wunsch blieb ein Traum. Es war einfach zu teuer. Eine neue Reiseplanung musste her. Dann stand plötzlich das Reiseziel Norwegen im Raum. Wir bekamen ein Angebot im Garten eines Nonnenklosters in Oslo zu zelten. Der Plan fand sofort Zustimmung, Doch wie kommt man ohne viel Geld nach Oslo? Mit einem Frachtschiff das wäre eine Möglichkeit, Bahn und Flugzeug kamen nicht in Betracht, dafür reichten die finanziellen Möglichkeiten nicht. Also schrieben wir die Oberbürgermeister von Bremen und Hamburg an, mit der Bitte, uns Adressen von Reedereien mitzuteilen, die regelmäßig von Deutschland nach Norwegen fuhren. Nach einigen Absagen hatten wir Glück. Eine Reederei meldete sich und bot an uns bis Oslo auf einem Frachtschiff mitzunehmen. Dafür sollten wir die Arbeiten eines Schiffsjungen übernehmen. Messing putzen, Deck schrubben, Kabinen der Besatzung säubern usw. Wir nahmen das Angebot an. Jetzt mussten nur noch die Eltern zustimmen und die nötigen Reiseunterlagen besorgt werden. Um 1960 in Norwegen einreisen zu können musste ein Reisepass beantragt werden. Bei dem Antrag fragte mich der Beamte: „Warum denn Norwegen? Dort ist es doch immer kalt und Eisbären gibt es auch." Norwegen war wohl sehr weit weg und noch nicht im Bewusstsein des Beamten. Eine Fahrt ins Ungewisse Endlich fuhren wir los. Jeder trug einen Rucksack mit der nötigen Ausrüstung. Keiner hatte eine Ahnung von dem was uns bevorstand. Ein Schnellzug brachte uns in der Nacht nach Bremen, der morgens um 5.00 Uhr am Hauptbahnhof einlief. Ein Anruf bei der Reederei und wir kannten den Liegeplatz des Schiffes im Hafen von Bremen. Das Küstenmotorschiff „BREMER FLOTTE" nahm uns auf. Nachdem jeder seinen Schlafplatz im Schiff gefunden hatte, verbrachten wir die Zeit an Deck und schauten dem Treiben im Hafen zu. Nachts um 24.00 Uhr kam das Kommando „Leinen los" und das Abenteuer begann! Die Seekrankheit hat uns fest im Griff Der Wind frischte auf und ein Sturm entwickelte sich. Kurz vor Helgoland wurde ich wach und die Seekrankheit hatte mich erwischt. Eine schlimme Zeit begann. Am Tag saßen wir gemeinsam geschützt am Heck des Schiffes und „opferten den Göttern". Wind-stärke 9 bis 10 sind für ein Küstenmotorschiff schon eine Herausforderung. Fast zwei Tage stampfte das Schiff durch die aufgewühlte See. Durch die Seekrankheit begann meine Erinnerung erst wieder im Oslofjord. Dort hatten wir dann noch Gelegenheit unseren Auftrag zu erfüllen und Messing zu putzen. ► | Die Tage in Oslo Nachdem wir in Oslo das Haus „Unserer Lieben Frau" (der Name des Klosters) gefunden hatten, bauten wir im Garten unsere Zelte auf. In Absprache mit den Nonnen befreiten wir den Garten vom Unkraut und bekamen dafür unser tägliches Essen. Für uns eine kostengünstige Vereinbarung. Nachmittags hatten wir so Zeit Oslo zu erkunden. Die Halbinsel Bygdoy mit dem Wikingermuseum, der Fram, Kon Tiki, Freilichtmuseum sowie in der Stadt das Rathaus, den Frognerpark und die Skisprungschanze am Holmenkollen um nur einige Sehenswürdigkeiten zu nennen. Wie ging es weiter? Die Zeit in Oslo ging zu Ende und so stellte sich die Frage wie machen wir weiter? Wir wollten Neues erleben und so setzten wir uns in den in Richtung Norden fahrenden Zug. Unser Ziel war der kleine Ort Lom. Von Studenten, die wir im Zug kennenlernten, bekamen wir eine Wanderkarte von der norwegischen Touristenvereinigung DNT. Sie war der Auslöser für eine Wanderung durch Jotunheimen, ohne zu wissen was auf uns zukam. Um es kurz zu machen; keiner von uns hatte Erfahrung mit Wanderungen in Bergregionen. Unsere Ausrüstung war auch nicht entsprechend. Nur mit Halbschuhen, einem Schlafsack und Zeltbahnen, die abends zu einem Zweimannzelt zusammengeknüpft wurden. An Verpflegung hatten wir auch nicht gedacht. Nur einige Teebeutel, etwas Butter und Kekse trug jeder in seinem Rucksack. Wir hatten die Hoffnung unterwegs in verschiedenen Hütten Verpflegung zu bekommen. Wasser war kein Problem da wir am Tag bestimmt 40 kleinere Wasserläufe überqueren mussten. Jotunheimen Von Lom aus begann unser Abenteuer Jotunheimen. Zu Fuß ging es nach Galdesand (Bøverdalen). Übernachtet haben wir in unseren Zelten am Straßenrand. In der Mittagszeit hatten wir den Ort erreicht. Unser Ziel war die Touristenhütte „ Juvashytta". In Galdesand hatten wir die Möglichkeit in der Jugendherberge zu übernachten, oder den Aufstieg zur Hütte zu wagen. Wir entschieden uns für den Aufstieg, ohne zu ahnen was uns erwartete. Galdesand lag auf einer Höhe von 550 Meter, Juvashytta lag 1851 Meter hoch. Ein Höhenunterschied von 1300 Meter mit unserer Ausrüstung - eigentlich nicht zu verantworten. Aber wir waren jung und unerfahren. Die Straße war eine Schotterpiste. Nur ein Allradfahrzeug konnte sie befahren. Zudem regnete es und es war sehr kalt. Das Gepäck drückte und wir wurden immer müder. Es war eine Quälerei. Wir haben uns gegenseitig angetrieben und Mut zugesprochen. Nur so erreichten wir endlich kurz nach 22.00 Uhr die Hütte. Der Hüttenwirt schaute uns entgeistert an und schüttelte nur den Kopf. ► | Nach dieser Anstrengung haben wir uns geschworen nur noch zu schlafen und uns am nächsten Tag nicht mehr zu bewegen. Aber es kam alles ganz anders. Am nächsten Morgen war strahlendes Wetter und nach dem Frühstück kam der Hüttenwirt auf uns zu und fragte: „Wollt ihr an einer Wanderung auf den Galdhøppigen teilnehmen?" „Wir haben ja keine entsprechende Ausrüstung", war unsere Antwort. „Kein Problem" sagte der Hüttenwirt. „Die Ausrüstung stelle ich euch zur Verfügung". Das war ein Angebot, das wir nicht ausschlagen konnten. Alle Strapazen des vorherigen Tages waren vergessen und so gingen wir angeseilt mit Führer über Eis, Schnee und Gletscher auf den höchsten Berg Norwegens (2469 Meter). Ein atemberau-bendes Erlebnis dort oben zu stehen und über die Gipfel Jotunheimens zu schauen. Am nächsten Tag begann der Abstieg zum Seter Spiterstulen im Utladalen. Wir mussten über eine riesige Geröllhalde ins Tal gehen. Das war nicht ungefährlich. Sehr müde bauten wir abends unsere Zelte auf und verbrachten eine sehr kalte Nacht unterhalb der Geröllhalde. Spiterstulen lag auf der anderen Seite des Tals und war für uns als Verpflegungsstelle eingeplant. Wir bekamen aber nur Salzbutter und Kekse. Das war dann in den nächsten Tagen zusammen mit heißem Tee unsere Nahrung. Als Nachtisch gab es dann ab und zu noch Blaubeeren. Nachdem wir das Ende des Utladalen erreicht hatten hörten wir plötzlich ein donnerndes Wasserrauschen. Wir standen am oberen Rand von Vettisfossen, dem höchsten Wasserfall Norwegens. Ein großartiges Erlebnis. Der Rückweg Weiter ging es nach Årdalsstangen um von dort mit dem Schiff über den Sognefjord bis nach Flom zu fahren. Auf dem Schiff saßen wir vollkommen ermüdet und teilweise schlafend im Salon auf dicken Polstersesseln. Die Erlebnisse der letzten Tage waren zu erdrückend. Leider haben wir so von dem wunderbaren Fjord nicht viel gesehen. Von Flom fuhren wir mit der Flomsbanen nach Myrdal und von dort weiter mit der Bergensbahn nach Bergen. Hier bestiegen wir ein großes Fährschiff, das uns in der Nacht nach Stavanger brachte. Nach langer Zeit wieder in einer warmen und weichen Koje zu liegen war ein wunderbares Gefühl. Von Stavanger ging es mit dem Zug weiter nach Kristiansand. Dort lag ein Schwesterschiff der Bremer Flotte die „BREMER BÖRSE" das uns nach Bremerhaven mitnahm. Weil wir kaum noch Geld hatten wurde auf dem Weg nach Hause getrampt. Ein unglaubliches Erlebnis und Abenteuer war damit zu Ende. Bis heute sind die Erlebnisse dieser Reise unwiderruflich in meinem Gedächtnis gespeichert |
Copyright Text und Fotos E. u. P. Westerwalbesloh