Fotografie - Natur, Kultur und Geschichte
von Gruiten


Die Nordkinn-Halbinsel außergewöhnliche Begegnungen

  •  Kinnarodden ist der nördlichste Punkt des europäischen Festlands.


   Die mit "P" gekennzeichneten Orte haben wir besucht.

Die Norkinn-Halbinsel gehört mit zu den unwirklichsten Landschaften Nordeuropas. Sie ist geprägt von starken Stürmen und meterhohen Schneeverwehungen im Winter. Nur an wenigen Tagen im Jahr hält der Sommer Einzug. Die durchschnittliche Temperatur im Jahr liegt unter 10° Celsius. Dabei ist der August noch der wärmste Monat. Dennoch gibt es in dieser subarktischen Natur viel zu entdecken. Bäume und Sträucher finden auf dem steinigen Grund kaum Möglichkeit zum Überleben, aber bei genauem Hinsehen entdeckt man viele kleine Pflanzenarten, die sonst nur im norwegischen Hochgebirge in Höhen von 1000 bis 1500 Metern vorkommen. In den Flüssen und Seen tummeln sich zahlreiche Fischarten. 

Wirtschaft:
Wirtschaftlich hat diese Region keine große Bedeutung. Fischerei und Fischverarbeitung sind die Erwerbsquellen in dieser Gegend. Der hier gefangene Fisch wird in die ganze Welt exportiert.
Gamvik hat etwa 1100 Einwohner und in Mehamn, dem Gemeindezentrum, leben etwa 900 Menschen. Mehamn hat einen kleinen Flughafen mit Verbindungen ins ganze Land. Zweimal täglich wird der Ort von den Schiffen der Hurtigrute angelaufen. Das Arctic-Hotel in der Ortsmitte ist in den Sommermonaten ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen zum Kinnarodden, dem nördlichsten Punkt des europäischen Festlands.

Geschichte:
Archäologische Funde belegen, dass schon vor 9000 Jahren Menschen auf de Kinnarodden-Halbinsel gelebt haben. Die heutigen Orte sind jedoch nicht älter als 300 bis 400 Jahre. Ein wichtiger Grund für die Besiedlung war die Nähe zum Meer. Hier fanden die Menschen auf Grund des Fischreichtums ihre Lebensgrundlage. Landwirtschaft konnte nur an wenigen besonders geschützten Stellen betrieben werden. Bis zum ersten Weltkrieg wurde der so genannte Pomorhandel betrieben, ein reger Tauschhandel mit den Russen. Mehl und andere lebensnotwendige Waren wurden gegen Fisch getauscht.

Aus dem Zweiten Weltkrieg findet man zwischen Gamvik und Slettnes Reste der deutschen Besatzungsmacht: Bunker, Kanonenstellungen und Laufgräben sind ein mahnendes Beispiel für den Irrsinn des Krieges. Die Bevölkerung hat diese Epoche noch nicht vergessen.



Auf dem Weg zur Nordkinn-Halbinsel

  • Ständig ändern sich die Landschaften. Das Bild links zeigt den Tanafjord, danach müssen einige Buchten umfahren werden, bis wir
    die Ostküste des Laksefjords erreicht haben (rechtes Bild).

Der letzte Abend in Berlevåg

In gemütlicher Runde sitzen wir mit den anderen Gästen zusammen. Es werden noch Adressen von möglichen Unterkünften auf Nordkinn Halføya ausgetauscht. Morgen früh soll die Reise weitergehen. Unser Ziel ist die Nordkinn-Halbinsel. Das heimliche Ziel ist Kinnarodden, der nördlichste Punkt auf dem europäischen Festland, 71 Grad 8’1’’ N.
Der Weg zurück ist bei leicht bedecktem Himmel genauso spannend wie der   Hinweg.

Zuerst die Eismeerstraße mit ihrer steinigen Küste, dann die kargen Fjellregionen und zum Schluss der Mündungsbereich der Tana.Unsere erste Pause legen wir in Tana Bru ein. Hier haben wir die Möglichkeit, unsere Lebensmittelvorräte aufzufüllen und zu tanken. Wir wissen nicht, wann wir die nächste Tankstelle erreichen. Danach wechseln wir zur Straße 98 und fahren auf der anderen Seite der Tana direkt nach Norden. Mehr als 200 Kilometer liegen nun vor uns. Einige Buchten des Tanafjords 

werden umfahren, und immer wieder gibt es neue landschaftliche Eindrücke. Nach den Bergrücken der Varanger-Halbinsel öffnet sich plötzlich die Landschaft, und wir haben die Ostküste des Laksefjords erreicht. Wie aus dem Bilderbuch liegt die Natur vor uns: grüne Wiesen, Wasser und ein überraschend tiefblauer Himmel. Einige in typisch norwegischen Farben gestrichene Häuser runden das Gesamtbild ab. Wir halten an und genießen dieses Farbenspiel.


  • Die Nordkinn-Straße führt durch eine Urlandschaft. Die harten klimatischen Bedingungen erlauben keinen Spielraum für größere Planzen. Der Campingplatz in Gamvik liegt auf dem Weg nach Slettnes (ein Haupthaus, zwei kleine Hütten und einige Stellplätze für Wohnwagen und Wohnmobile, rechtes Bild).

Abrupt ändert sich das Landschaftsbild, als wir die Straße in Richtung Mehamn und Nordkinn erreichen. Sie wurde 1989 eröffnet und führt von Bekkafjord im Süden nach Hopseidet im Norden. Sie scheint die einsamste und unwirklichste Fjell-Überquerung in Nordnorwegen zu sein. Der Straßenbelag ist an vielen Stellen aufgebrochen (auf unserem Rückweg war die Straße mit einer neuen Teerdecke überzogen). Die Hochebene ist mit Geröll übersät. Dazwischen liegen einige kleine Seen und Wasserlöcher. Vor uns liegt eine Urlandschaft, die sich möglicherweise seit Jahrhunderten nicht verändert hat. Das Wetter hier oben ist hart und unerbittlich. Es gab Jahre, da musste die Nordkinn-Straße an mehr als 200 Tagen von Schnee und Eis geräumt werden. Ist dies nicht mehr möglich, wird eine Fähre von Kalak am Bekkarfjord bis Kifjord eingesetzt.

Pflanzen und Tiere haben hier keine großen Überlebenschancen. Nur Flechten und Moose an geschützten Stellen sowie einige besonders widerstandsfähige Gräser können den harten Lebensbedingungen standhalten. Es klingt eigenartig, aber je extremer sich die Natur zeigt, desto mehr Eindruck hinterlässt sie. Langsam geht es wieder bergab. Wir haben die Landenge bei Hopseidet erreicht und befinden uns auf der Nordkinn-Halbinsel. An der Kreuzung Kjøllefjord–Mehamn stellt sich die übliche Frage: „Wo finden wir eine Übernachtungsmöglichkeit?“ Kjøllefjord ist der größere Ort. Hier gibt es eine Touristinformation. Als wir dort eintreffen, ist sie geschlossen. Oberhalb der Ortschaft halten wir an einem Rundbau, der den Eindruck einer Herberge macht. Ein Zettel  hängt an der Tür. Darauf stehen der Name und die Telefonnummer des Vermieters. Der Versuch, ihn mit dem Handy anzurufen, scheitert kläglich.

Es gib keinen Empfang. Wir haben keinen Handyempfang. Also fahren wir weiter bis Mehamn und versuchen telefonisch Kontakt zum Campingplatz in Gamvik zu bekommen, den man uns in Berlevåg empfohlen hat. Endlich haben wir Glück! „Ihr seid herzlich willkommen, ich habe eine Hütte frei“, hören wir erleichtert.Oberhalb der Ortschaft halten wir an einem Rundbau, der den Eindruck einer Herberge macht. Ein Zettel hängt an der Tür. Darauf stehen der Name und die Telefonnummer des Vermieters. Der Versuch, ihn mit dem Handy anzurufen, scheitert kläglich. Es gib keinen Empfang. Wir haben keinen Handyempfang. Also fahren wir weiter bis Mehamn und versuchen telefonisch Kontakt zum Campingplatz in Gamvik zu bekommen, den man uns in Berlevåg empfohlen hat. Endlich haben wir Glück! „Ihr seid herzlich willkommen, ich habe eine Hütte frei“, hören wir erleichtert. 


  • Die Hütte macht einen recht guten Eindruck. Sie ist einfach eingerichtet, aber sehr sauber. In der kleinen Hütte sind Schlafplätze für
    vier Personen vorhanden.

Es sind noch 20 Kilometer bis Gamvik – wir machen uns auf den Weg. Die vielen Stunden Autofahrt machen sich langsam durch Müdigkeit und Kälte bemerkbar. Der Campingplatz soll auf dem Weg nach Slettnes liegen. Langsam fahren wir die Schotterstraße entlang und halten Ausschau. Endlich erkennen wir in der Ferne ein einzelnes Haus. Auf dem Grundstück stehen zwei kleine Holzhütten. Wir klingeln an der Haustür. Es dauert eine geraume Weile, bis wir Schritte vernehmen. Unser Vermieter begrüßt uns mit den Worten: „Herzlich willkommen! In die erste Hütte könnt ihr einziehen: Küche, Dusche und Toilette befinden sich bei mir im Haus.

Ich habe auch eine Sauna, wenn ihr Lust habt, könnt ihr sie benutzten und richtig schwitzen.“ „Wir sind froh, dass wir die anstrengende Hitze nicht mehr ertragen müssen und endlich ‚normale‘ Temperaturen genießen können“, ist unsere Antwort. Bei unserer Abfahrt zeigte das Thermometer 35° Celsius und mehr. „Das verstehe ich nicht. In Oslo war es doch gar nicht so heiß.“ Hatte er nicht bemerkt, dass wir keine Norweger sind? Vielleicht ist unser Norwegisch gar nicht so schlecht. Er fragt, und wir stellen uns als Deutsche vor. Die Hütte macht einen recht guten Eindruck. Sie ist einfach eingerichtet und sauber. Vier Personen können in einem Hochbett und auf einer Couch verteilt schlafen.

Weiterhin finden wir einen Kühlschrank vor, eine Kochplatte, etwas Geschirr und einen Tisch; die passenden Campingstühle stehen gestapelt „im Eckchen“. Bei den Außenwänden, aus dünnen Holzbrettern gefertigt, sind wir froh, einen gut isolierenden Schlafsack im Gepäck zu haben. Die Nachttemperaturen liegen schon bei Null Grad Celsius. Tisch und Stühle müssen zum Essen in den Raum gestellt werden, mit dem Nachteil, dass die Eingangstür nicht mehr zu öffnen ist. Aber das sind Kleinigkeiten, mit denen man gut leben kann. Die Küche und sanitären Anlagen im Souterrain des Haupthauses sind tadellos. 


  • Nur kleine Schiffe haben im Hafen von Gamvik festgemacht. Die nach dem Krieg neu erbaute Kirche steht am höchsten Platz des
    Ortes. Der Turm ist auch von der Seeseite zu erkennen. Er dient den Seeleuten auch heute noch als Seezeichen.

Wir richten uns für die nächsten Tage in unserer Hütte häuslich ein, bevor wir nach Gamvik spazieren, um den Ort kennenzulernen. Es ist schon später Nachmittag und kurz vor Gamvik erkennen wir die Bunkeranlagen aus dem Zweiten Weltkrieg. Sie wirken immer noch bedrohlich und abweisend. Wir ignorieren diese Reste aus dem letzten Weltkrieg und erreichen die ersten Häuser. Der Ort wirkt wie ausgestorben. Niemand ist zu sehen.

Es geht auf die Dämmerung zu und alles wirkt bedrückend auf uns. Die Richtung zu wählen, fällt nicht schwer. Es gibt nur eine Hauptstraße in Gamvik. Von der einen Seite sind wir gekommen, also bleibt nur die andere Seite übrig. Am oberen Ende liegt die Gamvik-Kirche. Sie ist unser Ziel. Der Abend rückt immer näher. Vor uns liegt der Hafen. Einige kleinere Schiffe dümpeln im ruhigen Wasser. Wir haben die Kirche erreicht. Sie liegt direkt am Meer und wirkt für den  

kleinen Ort ausgesprochen groß. Sie wurde nach dem Krieg wieder aufgebaut und ersetzt die alte Kirche, die am selben Platz stand. Der hohe Turm ist auch von der Seeseite zu sehen und dient damals wie heute als Seezeichen. Es ist kalt geworden und wir machen uns auf den Weg zum Hüttchen. Die wärmende Heizung und eine Tasse Kaffee sorgen jetzt fürs Wohlbefinden. Noch wissen wir nicht, was uns am nächsten Tag erwartet.


Eine kleine Anmerkung ist uns wichtig: Das von uns beschriebene Camp 71° 05' N existiert wahrscheinlich nicht mehr. Der Grund ist uns nicht bekannt.


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Copyright Text und Fotos E. u. P. Westerwalbesloh

 
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