Fotografie - Natur, Kultur und Geschichte
von Gruiten

Tranøy – ein Hauch Vergangenheit


Nachdem wir einiges über Knut Hamsuns Leben und Schaffen erfahren haben, machen wir uns auf den Weg nach Tranøy. Bei herrlichem Wetter brechen wir auf und fahren von Oppeid 13 Kilometer nördlich direkt an den Vestfjord. Tranøy war seinerzeit durch Dampfschiffanleger, Post, Telegrafenstation und Leuchtfeuer von großer regionaler Bedeutung. Schon auf der Hinfahrt sind wir beeindruckt von der wunderschönen Landschaft. Mehrmals halten wir an, um zu verweilen und zu fotografieren. Die Straße endet am kleinen Hafen von Tranøy. Ein Hauch vergangener Zeit umgibt uns. Wir entdecken einige kleine Häuser, vielleicht sind es Fischerhütten, ein altes Lagerhaus und ein Fischerboot, das auf dem Kai liegt. Im Hafen liegen einige Freizeitboote, ein Fischkutter und ein größeres Segelschiff – ein friedlicher Ort, an dem man die Hektik des Alltags schnell vergisst. Am Hafenausgang direkt am Fjord fällt uns ein großer, verrosteter Anker auf.

  • Auf einem Schild steht geschrieben:
    Eine mündliche Überlieferung besagt, dass im Winter 1919–1920 ein englischer Dampfsegler Tranøy anlief, weil er in Not geraten war. Vor dem Auslaufen des Schiffes verhakte sich der Anker dermaßen am Grund, dass man ihn nicht mehr herausziehen konnte. Die Kette wurde durchtrennt und der Anker blieb an Ort und Stelle liegen. 1980 wurde er gehoben und im Jahr 2000 auf dem Felsen aufgestellt. Der Querstock ist drei Meter lang und sein Gewicht beträgt etwa 1,5 Tonnen.


Der Hafen von Tranøy


Beim Rundgang durch den Hafen fällt uns am Kai ein großes, langgestrecktes Holzhaus auf. Es ist in typisch norwegischem Rot, Ochsenblutrot, gestrichen. Regen und Wind haben dem Anstrich sehr zugesetzt, an vielen Stellen ist die Farbe abgeblättert. Über einem Tor finden wir auf einem alten Schild die Aufschrift Statens Mellager Tranøy, staatliches Mehllager Tranøy. Ein Hinweis darauf, dass das Lagerhaus schon ziemlich alt ist.

Ein paar Schritte weiter wartet eine Überraschung auf uns. Ein mittelgroßer Fischkutter liegt an Land. Bei genauem Hinsehen entpuppt er sich als alter Walfänger. Oben im Mast hängt ein Aussichtskorb und am Bug des Schiffes steht drohend eine Abschussvorrichtung für Harpunen. Es bleibt kein Zweifel, dieses Schiff war ein Walfänger. Heute ist es ein Restaurant, und wir sind der Meinung, das ist der bessere Verwendungszweck.




Handelsplatz Walsøe


Wir verlassen den Hafen und bummeln in Richtung Zentrum. Nur wenige Häuser stehen am Straßenrand. Eines dieser Häuser ist eine  Kunstgalerie, dicht daneben einige Plastiken. Etwas weiter steht eine Bank die zum Verweilen einlädt. Zur Belohnung bekommt man einen freien Blick auf eine großartige Natur.
Wir erreichen den alten Handelsplatz Walsøe und treffen wieder auf Spuren von Knut Hamsun. Er wurde als 15jähriger beim Kaufmann Walsøe angestellt. Anzunehmen ist, dass Hamsuns Liebe zu Walsøes Tochter Laura tiefe Spuren in ihm hinterlassen hat und ihn später zu seinem Jugendroman „Björger“ (1878) inspirierte. Außerdem finden sich in den Romanen „Pan“ (1894), und „Victoria“ (1998) Hinweise von seinem Aufenthalt beim Kaufmann Walsøe.
Hamsun blieb nur ein knappes Jahr in Tranøy. Es ist nicht bekannt, ob der Kaufmann Walsøe das Geschäft aufgab, oder die Beziehung zu Laura dazu führte, dass Hamsun Tranøy verlassen musste. Heute sind der Kaufmannshof und die umliegenden Gebäude restauriert. Im ehemaligen Geschäft befinden sich eine Kunstgalerie und ein Café. Der alte Ladentisch, hinter dem Hamsun einst stand, ist noch erhalten.

 


Küstenweg


Unsere Entdeckungstour ist noch nicht beendet. Am Kaufmannshof vorbei führt ein Weg in Richtung Vestfjord. Zuerst erreichen wir ein altes, rot gestrichenes Holzhaus mit einem Grasdach. Ein Blick durch einen Spalt ins Innere verrät uns, dass dort eine kleine Sammlung alter Fanggeräte und Fischerboote aufbewahrt wird. Einige hundert Meter weiter sind wir begeistert. Die Natur hat hier eine Bucht geschaffen, die mit glatt gescheuerten Felsen, glasklarem Wasser und einen Strand mit feinstem Sand jeden Vergleich mit anderen Urlaubsorten standhalten kann.

Über einen Holzsteg gelangen wir in ein flaches Küstengelände. Vor uns liegt der Vestfjord. In der klaren Luft erkennen wir auf der gegenüberliegenden Seite des Fjords unser nächstes Ziel, die Lofoten und Vesterålen.



Tranøy fyr


Leuchttürme waren schon immer wichtige Orientierungshilfen für Seefahrer. Sie wurden an den gefährlichsten Stellen der Küste errichtet, um die Schifffahrt vor Unglücken zu bewahren. Während des Tages sind sie durch ihre Größe schon sichtbar und in der Nacht werden von einem besonderen Lampensystem Lichtsignale in gleichmäßigem Rhythmus auf das Meer geschickt. Leuchttürme sind trotz modernster Navigationstechnik auch heute noch für die Küstenschifffahrt unentbehrlich. 

Die Bauweisen sind sehr unterschiedlich. Entweder sind sie rund aus Gusseisen oder eckig aus Steinen und Beton gebaut. Doch immer sind sie so konstruiert, dass sie den ungeheuren Kräften der Natur standhalten können.


 


Der Leuchtturm Tranøy fyr ist leicht zu finden. Wir fahren von Tranøy in Richtung Oppeid. Schon bald erkennt man auf der rechten Seite eine kleine Sandstraße, der wir bis zu einem Parkplatz folgen. Der Leuchtturm steht in seiner ganzen Schönheit auf einem Holm vor uns. Nur zu Fuß, über eine schmale Brücke, erreicht man das Leuchtfeuer. Eiderenten tummeln sich im glasklaren Wasser und lassen sich von uns nicht stören. 

Zum rot und weiß gestrichenen Leuchtturm gehören einige wetterfeste Häuser. Bis 1991 waren sie für den Leuchtturmwärter das Zuhause. Heute kann man dort Zimmer mieten und den Urlaub verbringen. In einem der Häuser befindet sich eine Cafeteria. Mit Kaffee und Kuchen den Sonnenschein und die Ruhe auf der Terrasse genießen, den Gedanken freien Lauf lassen, das macht den Aufenthalt zu einem unvergesslichen Erlebnis. Bevor wir zurück in unsere Hütte fahren, fällt uns noch etwas Eigenartiges auf. An einer Art Galgen hängen verschiedene getrocknete Fischköpfe, die furchterregend aussehen. Einer davon ist der Seeteufel, ein Fisch, der eine geniale Fangtechnik entwickelt hat. Auf dem Meeresboden wird er durch seine dunkel gesprenkelte Haut zwischen Seetang und Steinen von anderen Fischen kaum erkannt. Vorne am Kopf, direkt oberhalb des breiten Mauls, sitzt ein lappenförmiger Hautanhang, der aussieht wie eine Angel. Er trägt sie bei der Beutejagd vor seinem Maul. Sobald ein Fisch diese Antenne berührt, schnappt der Seeteufel zu und der Fisch ist verloren. 

Mehr Informationen finden Sie
unter der Internetadresse:
https://tranoyfyr.no/Heim

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Die dort hängenden Fischköpfe haben eine wichtige Aufgabe. Sie sollen dem Fischer, der aufs Meer hinausfährt, Glück bringen und für einen guten Fang sorgen. Das ist sehr wichtig, denn eine Sage berichtet von seltsamen Meereswesen und dem Draug. „Er ist ein Ertrunkener und Widergänger, der seine Arme in die Luft streckt und laut um Hilfe ruft. Das Meer gibt ihn aber nicht frei. Der Draug trägt Ölzeug und Stiefel wie die Fischer selbst. Er tritt furchterregend hässlich, ohne Kopf in einem halben Boot mit zerrissenen Segeln sitzend, auf. Der Fischer, der einem Draug begegnet, ist kaum einen Wellenschlag vom Tod entfernt“, so wird berichtet.

So bekommt der Seeteufel die Aufgabe, den Draug abzuschrecken. Im Idealfall ist allerdings ein anderer Fisch, nämlich der Kongetorsk, Königsdorsch, der richtige Glücksbringer. Er ist ein Mutant und hat eine höhere Stirn als ein normaler Dorsch. Fängt ein Fischer einen Kongetorsk, darf er den Kopf nicht wegwerfen. Er muss ihn an einer Schnur aufhängen. Dann bringt er für den Rest seines Lebens Glück.

Der Draug ist ein Sinnbild der Naturkräfte und Ausdruck menschlicher Angst im Meer den Tod zu finden.

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Copyright Text und Fotos E. u. P. Westerwalbesloh

 
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