Fotografie - Natur, Kultur und Geschichte
von Gruiten

Von Düssel bis zur Winkelsmühle


Von Schöller nach Gruiten Dorf – wandern durch wunderbare Natur

Der Weg von Schöller nach Gruiten gehört mit zu den landschaftlich schönsten Abschnitten an der Düssel. Eingerahmt von Feuchtwiesen, Erlenwald und mächtigen Buchen hat der Fluss genug Platz, um sich ohne menschliches Eingreifen auf natürliche Weise ein eigenes Flussbett zu schaffen. Schon kurz hinter Schöller entdecken wir eine Gruppe von sehr gut renovierten Fachwerk-häusern. Freilaufende Hühner scharren in der Erde und suchen nach Futter. Holzscheite liegen sauber aufgestapelt unter Ziegeldächern. Man fühlt sich wie in einem Freilichtmuseum, in dem die Zeit stehengeblieben ist.

Weiter führt der Wanderweg an uralten Silberweiden vorbei, deren Tage wohl gezählt sind. Baumpilze haben von den Stämmen Besitz ergriffen und Faulstellen sind zu erkennen. Sie werden die Weiden langsam zersetzen. Aber dort wo alter Baumbestand stirbt entsteht auch neues Leben.

Der schmale Wanderweg öffnet sich und schlängelt durch einen mächtigen Buchenwald. Die Bäume verdanken ihre Standfestigkeit riesigen Wurzelwerken, die wir redlich bewundern.

Es ist still geworden. An Wochentagen sind kaum Wanderer unter-wegs. Immer wieder gibt es Neues zu entdecken. Mit etwas Glück kann man von einer Holzbrücke aus Flusskrebse beobachten. Weiter flussabwärts musste die Düssel ein altes steinernes Wehr über-winden das inzwischen abgerissen wurde. Über eine weitere Brücke gelangt man auf die andere Flussseite. Beeindruckend ist auch hier wieder eine riesige Baumwurzel, die sich wie ein Steg über die Düssel gelegt hat. Links vor uns taucht der Reiterhof Gut Hermgesberg auf. An der Weggabelung hat man die Möglichkeit durch ein Waldgelände zur Grube 7 (alter Steinbruch) zu gelangen oder dem Wanderweg zu folgen.

Wir wollen weiter in der Nähe der Düssel bleiben, die jetzt durch ein Wiesengelände fließt. Ein weiteres Mal queren wir den Fluss und 


passieren eine Hofanlage. Dem Sandweg, der neben dem Golfplatz Haan-Düsseltal verläuft, folgen wir. Er endet an einer schmalen asphaltierten Straße. Jetzt wandern wir wieder entlang der Düssel. Schatten spendende Weiden säumen beide Uferseiten. Das Meer von Blüten des chinesischen Springkrauts auf den Wiesen wirkt betörend. Irgendwann wurde diese Pflanze in unseren Breiten heimisch. Sie vermehrt sich ungemein und hat keinen guten Ruf, weil andere Pflanzen bei dem schnellen Wachstum kaum eine Möglich-keit haben sich zu entfalten.

Bis zum historischen Gruiten Dorf ist es nun nicht mehr weit. Wie ein roter Faden begleitet uns die Kalkgeschichte auf dem weiteren Weg entlang der Düssel. Gerade aus der näheren Umgebung gibt es viel davon zu berichten. Beginnen wollen wir mit dem ehemaligen Kalksteinbruch Grube 7.


aWie ein Freilichtmuseum mit Fachwerkhäusern wirkt diese Ansammlung aalter Baukunst auf der Wanderung von Schöller nach Gruiten.

aEs wurde vor Jahren von den heutigen Besitzern in mühevoller Arbeit afachgerecht ainstand gesetzt.

aBaumpilze haben von Teilen der Stämme Besitz ergriffen und überall asind Faulstellen zuerkennen.

aAm hinteren Rand der Wiese fließt eingerahmt von dichtem Strauch- aund Baumbestand die Düssel. Ein Teil der am Weg stehenden alten aSilberweiden kann nicht mehr gerettet werden. Dafür wachsen neue aWeiden nach

  • Bild 1: Auf der Wanderung nach Gruiten bewundern wir kurz hinter Schöller eine kleine Ansammlung von Fachwerkhäusern.
  • Bild 2: An verschiedenen Stellen durchbricht das Sonnenlicht den dichten Blätterwald und zaubert eine magische Stimmung auf die Wasseroberfläche.
  • Bild 3: Der Wanderweg nach Gruiten ist nicht nur sehr schön und naturnah, sondern auch sehr gut angelegt. An dieser Stelle hilft eine Brücke eine etwas schwierige Stelle zu überwinden. Gleichzeitig besteht hier die Möglichkeit die Düssel zu beobachten und mit etwas Glück Wasserbewohner zu entdecken. 
  • Bild 4: Ein buntes Blätterdach verschiedener Baumarten spendet Schatten.
  • Bild 5: Ein steinernes Hindernis kann die Düssel nicht daran hindern ihren Weg fortzusetzen. Ein Teil des Wassers fließt in einen kleinen Seitenkanal der dazu dient einen nahe gelegenen Teich mit Wasser zu versorgen.
  • Bild 6: Das ursprünglich im Himalaya beheimatete Springkraut wurde als Zierpflanze in Deutschland eingeführt. 
  • Bild 7: An vielen Stellen ist der Uferbereich so stark bewachsen, dass er unzugänglich ist.
  • Bild 8: Naturwunder
  • Bild 9: Nur noch eine kurze Strecke dann hat die Düssel das historische Gruiten Dorf erreicht. 


Die Natur kehrt zurück – der Steinbruch Grube 7

Kurz bevor die Düssel Gruiten erreicht machen wir einen Abstecher zum stillgelegten Steinbruch Grube 7. Die geologische Entstehungs-geschichte ist gleichlautend mit der Geschichte vom Steinbruch Schlupkothen. Ein Korallenriff aus dem Devonzeitalter (vor rund 400 Millionen Jahren) war die Voraussetzung für die Bildung dieses Kalkzuges.

Das Werk Bergische Dolomit- und Weißkalkwerke GmbH baute in Grube 7 Dolomitgestein ab. Dolomit ist ein wichtiger Rohstoff um feuerfeste Materialien herzustellen, die dann zum Beispiel in Hochöfen Verwendung finden.

1899 wurde der Betrieb in Grube 7 aufgenommen. Danach wechselte mehrmals der Besitzer. bis 1966 die Produktion endgültig eingestellt wurde. Nach der Schließung baute man die Werksanlagen zurück. Wenige Reste sind heute noch zu erkennen. An der alten Werkstraße direkt hinter der Schranke war eine Waage installiert. Auf dem Weg zur Grube 7 ist hinter wucherndem Grün ein Betontisch zu entdecken, den sogenannten Brecher. Ein Malwerk zerkleinerte die Kalksteine für den Weitertransport in den Ofen.
Nach der Schließung des Steinbruchs im Jahr 1966 bildete sich ein kleiner Grundwassersee. Sportler, besonders Taucher, freuten sich über dieses neue Freizeitangebot. 

1987 war der Spaß zu Ende. Die Sohlen in den umliegenden Kalk-steinbrüchen wurden immer tiefer. Dabei fiel viel Grundwasser an, das ständig abgepumpt werden musste.

Der sinkende Grundwasserspiegel wurde dem See in der Grube 7 zum Verhängnis. Er verschwand in den Rissen und Spalten, die im Kalkstein immer vorhanden sind. Zuerst versuchte man Wasser aus der Düssel in den Steinbruch zu pumpen, aber diese Maßnahme war auf Dauer nicht erfolgreich. Aus Sicherheitsgründen und um die sich neu gebildete Fauna und Flora zu schützen, wurde der Steinbruch eingezäunt und zum Naturschutzgebiet erklärt. Auf einem gut angelegten Wanderweg hat man trotzdem an mehreren Stellen die Möglichkeit einen Blick in die Grube zu werfen.

Die Grube 7 ist zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert. Im Frühjahr wenn auf den Obstwiesen die Obstbäume blühen, und an den zahlreich wachsenden Birken erstes Grün zu sehen ist, erhält dieser nicht unerhebliche Eingriff in die Natur einen gewissen Charme. Der Herbst mit seinen prachtvollen Farben und ein schneereicher Winter, der scheinbar alles Leben zum Erliegen bringt, unterstreichen die Vollkommenheit der Natur.

Der Brecher

Grube 7 liegt eingebettet zwischen Feldern, Wiesen und Wäldern.

  • Bild 1: Der Herbst kündigt sich in Grube 7 an.
  • Bild 2: Nach dem ersten Frost verfärben sich die Birkenblätter und leuchten in der Herbstsonne.
  • Bild 3: Alles Leben scheint unter der Schneedecke erloschen.
  • Bild 4: Herbst
  • Bild 5: Winterimpression an der Grube 7
  • Bild 6: Herbst 


Das historische Dorf Gruiten

Mit der Schließung der Grube 7 wurde die Dorfgeschichte von Gruiten 1966 neu geschrieben. In den Jahren zuvor war die Kalkindustrie ein beherrschendes Element. Dolomitgestein aus der Grube 7 wurde anfangs mit einer Werksbahn, später mit einer Seilbahn und zum Schluss auf einer eigens gebauten Werkstraße zur Weiter-verarbeitung im Kalkwerk an der Fuhr durch das Dorf transportiert. Reste dieser Industrieanlagen sind an verschiedenen Stellen noch heute zu sehen. Für die Bewohner in Gruiten war das sicher belastend, jedoch war die Kalkindustrie für viele ein wichtiger Arbeitgeber. So musste man sich mit den Unannehmlichkeiten arrangieren. Der heutige Besucher bemerkt nichts mehr von der industriellen Vergangenheit.

Viele Jahre hat es gedauert bis das Dorf sein jetziges Aussehen erlangt hat. Fleiß und persönlicher Einsatz haben das möglich gemacht.

Auf der Pastor Vömel Straße, in der Ortsmitte, begegnen wir wieder der Düssel. Hier trifft der kleine Mühlbach auf den Fluss. Noch sind beide Wasserläufe getrennt. Sie werden in zwei Kanälen nebeneinander unter der Hauptstraße hindurchgeleitet. Der Düssel hat man ein gemauertes Flussbett vor der evangelisch reformierten Kirche bereitet, während der Mühlbach seinen Weg hinter der Kirche findet. Nur wenige Meter weiter vereinigen sich beide Gewässer. Mit frischem Wasser gestärkt fließt die Düssel weiter ins Düsseltal.

Das historische Dorf

Gruiten ist ein Musterbeispiel für die Nieder-bergische Dorfarchitektur. Entlang der Dorfstraße stehen viele der hervorragend restaurierten Fach-werkhäuser. Das älteste Haus ist das Haus Am Quall (quallen = auf-stauen des Wassers). Ein Teil des Gebäudes stammt vermutlich aus dem 14. Jahrhundert. Es sollte ursprünglich abgerissen werden, aber die Gruitener Bürger erkannten den histo-rischen Wert und setzten sich für den Erhalt ein. 1978 bis 1980 wurde das Haus Am Quall rekon-struiert und neu aufgebaut.

Der evangelische Teil des Dorfes

Die evangelisch-reformierte Kirche mit dem kleinen spitzen Glockenturm wurde 1721 fertig gestellt. 

Der schlichte Saalbau und die beiden sich anschließenden Fachwerkhäuser bilden eine sehenswerte Einheit. Betritt man das Gotteshaus, trifft man auf einen schlichten, einfach eingerichteten Raum. Zu erwähnen sind der geschnitzte Aufgang zur Kanzel und der aus einem Eichenstamm hergestellte Opferstock mit Eisenbeschlägen. Ein Jahr nach Fertigstellung des Glockenturms wurden die Gläubigen erstmals durch das Geläut der zwei Glocken zum Gottesdienst gerufen.

Vor dem Neubau der Kirche war das Predigthaus auf der linken Seite der Treff-punkt der Gemeinde. Es wurde 1682 einge-weiht.In den Jahren zuvor konnten die evangelisch-reformierten Gläubigen ihre Gottesdienste nur im Verborgenen abhalten. Schuld daran waren Anfeindungen, die durch die kirchliche Spaltung ausgelöst wurden. Nachdem es 1645 zu einem Religions-vergleich kam, änderte sich die Situation.

Völlig unzureichend blieben die Wohn-verhältnisse für Pfarrer und Lehrer. Sie mussten sich die rechte Hälfte des Predigt-hauses teilen. In der linken Hälfte wurde regelmäßig Gottesdienst abgehalten, und der Schulunterricht fand über einhundert Jahre lang in der Wohnung des Lehrers statt. Erst 1721, mit dem Neubau der Kirche, wurde das Predigthaus in ein Schulhaus umgewandelt, in dem die Kinder bis 1906 unterrichtet wurden.

Das Fachwerkhaus auf der rechten Seite ist das Gemeindehaus.1696 kam es in den Besitz der evangelischen Kirche. Es war eine vor dem Verfall stehende mit Stroh bedeckte Kate, die erst bewohn-bar gemacht werden musste damit der Pfarrer dort einziehen konnte. 1764 wurde das Haus bis auf die Grundmauern abgerissen und als Fachwerk-haus neu aufgebaut. Es diente der evangelischen Gemeinde zweihundert Jahre als Pfarrhaus. Nach dieser Zeit stand erneut der Abriss zur Diskussion. In einer gemein-samen Aktion zwischen Kirche, Synode, Land und Gemeinde konnte das marode Haus gerettet werden.

Der katholische Teil des Dorfes

Gehen wir noch einmal auf der Pastor Vömel Straße bis zur katholischen Kirche St. Nikolaus zurück. Sie ist der Ersatz für die alte, aus dem Jahr 1075 stammende Kirche, die auf dem Friedhof stand.  

Wegen Baufälligkeit musste sie 1894 abgerissen werden. Nur der romanische Turm ist erhalten. Die heutige Kirche St. Nikolaus wurde im Jahr 1879 im neuro-manischen Stil fertiggestellt. Aus der Vor-gängerkirche wurden die Holzfiguren der Heiligen Nikolaus, Augustinus und Suitbertus übernommen. Die Figur des hl. Josef wird auf das Jahr 1853 datiert, die Muttergottes stammt aus dem Ende des 18. Jahrhunderts. Weitere wertvolle Altertümer sind das Pestkreuz aus dem Jahre 1665 als die Pest in Gruiten wütete, sowie die St. Nikolausglocke, die aus dem Jahre 1521 stammt. Eine gründ-liche Renovierung der Kirche St. Nikolaus fand 1973 statt.

Am anderen Ende des Dorfes liegt der Friedhof mit dem Kirchturm der alten Kirche St. Nikolaus. Früher war es üblich die Verstor-benen auf einer Anhöhe zu begraben. Die Begräbnisstätte ist mit einer Mauer umge-ben, die aus der Zeit um 1075 stammt. Sie trägt den Namen Welschenmauer. Welsch bedeutet fremd deshalb wird vermutet, dass die Mauer von Welschen, also von Fremden errichtet wurde.

Das Doktorshaus

Um wieder zur Düssel zu gelangen begeben wir uns auf die gegenüberliegende Seite des Friedhofs, auf den Heinhauser Weg. Links sehen wir imponierende Fachwerkhäuser. Auf der rechten Seite haben Gruitener Bürger eine umfangreiche Steinesammlung zusammengetragen und ausgestellt. Einige Schritte weiter stehen wir staunend vor dem interessantesten Fachwerkhaus des Dorfes, dem Doktorshaus. 1981 bis 1982 wurde es aufwendig restauriert und ist heute ein eindrucksvolles Beispiel barocker Fachwerk-baukunst. Gebaut wurde es um 1750 von dem Heilpraktiker Dr. Lauterbach. Mit ihm verbindet sich eine außergewöhnliche Geschichte. Als der Präsident der Kanzlei von Düsseldorf erkrankte, konnte ihm kein Arzt helfen. Lauterbach, der ein großes Heil-kräuterwissen besaß, heilte den Patienten in wenigen Tagen. Das Collegium Medicinicum in Düsseldorf erfuhr davon und erteilte ihm Approbation und Promotion als Doktor der Medizin. Im Jahre 1773 starb Dr. Lauterbach und wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Friedhof in Gruiten beigesetzt.



Bilder rechts und links:

Mitten im Dorf treffen wir wieder auf die Düssel. In einem Kanal fließt sie unter der Straße hindurch und wird auf der anderen Straßen-seite in einem gemauerten Flussbett weitergeleitet.


 

  • Bild 1: Die katholische Kirche St. Nikolaus aus dem Jahr 1879
  • Bild 2: Versteckt hinter einer Tür im Turm der ehemaligen Kirche St. Nikolaus liegt dieser Gebetsraum. Inzwischen wurden Turm und Gebetsraum restauriert und verändert.
  • Bild 3: Der Turm der ehemaligen Kirche St. Nikolaus
  • Bild 4: Wohnhäuser im Fachwerkstiel auf dem Heinhauser Weg
  • Bild 5: Das Doktorshaus wurde um 1750 von dem Heilpraktiker Dr. Lauterbach gebaut. 
  • Bild 6: Das Doktorshaus liegt in einer Ansammlung wunderbarer Fachwerkhäuser.
  • Bild 7: Die evangelisch-reformierte Kirche aus dem Jahr 1721 
  • Bild 8: Der Friedhof ist mit einer Mauer umgeben, die aus der Zeit um 1075 stammt. Sie trägt den Namen Welschenmauer. 
  • Bild 9: Das älteste Fachwerkhaus ist das Haus Am Quall. Ein Teil des Gebäudes stammt vermutlich aus dem 14. Jahrhundert.

 

Der Mühlbach auf der rechten Seite mündet in die Düssel. Er wird im Volksmund auch kleine Düssel genannt.

Noch hat die Düssel kein eigenes Flussbett gegraben. Erst einige hundert Meter weiter im Düsseltal kann sie sich frei entfalten.


Durch das Düsseltal zur Winkelsmühle

Auf dem weiteren Weg durchs Düsseltal zur Winkelsmühle ist der kleine Fluss immer in unserer Nähe. Durch Gruiten fließt die Düssel noch in einem künstlich angelegten Flussbett, aber kurz hinter der Kläranlage öffnet sich das Tal und die Düssel bekommt endlich ihren verdienten Platz. Das heutige Düsseltal beeindruckt durch eine impo-nierende Naturkulisse. Mit Hilfe von Natur-schutzmaßnahmen ist man bemüht die Ursprünglichkeit dieser Landschaft zu erhalten. Unter anderem haben Graureiher und Wasseramseln an der Düssel wieder eine Heimat gefunden. Das war nicht immer so.

Die Kalkindustrie

Noch im vorigen Jahrhundert war dieses wunderbare Tal in der Hand der Kalk-industrie. Während dieser Zeit war der Wanderweg entlang der Düssel eine Eisen-bahntrasse. Kalksteine wurden mit der Lorenbahn zu den Kalköfen an der Fuhr transportiert und dort gebrannt (1966 wurde der Betrieb geschlossen und 1968 gesprengt und demontiert).

Schon im 16. Jahrhundert, wahrscheinlich auch schon früher, haben Bauern im Düsseltal Kalkstein abgebaut. Das geht aus einer Urkunde aus dem Jahre 1670 hervor. Darin wird auch der Trichterofen Huppertsbracken (Bracken = Brechen von Kalkstein) erwähnt.

Die Arbeitsbedingungen müssen sehr hart gewesen sein. Einfache Werkzeuge wie Hammer und Meißel kamen zum Einsatz, um die Steine aus der Wand zu brechen. Im Laufe der Zeit änderten sich die Methoden. In den großen Steinbrüchen bei Gruiten übernahmen schwere Maschinen die Arbeit. Es wurde gesprengt und lange Förderbänder brachten den Kalkstein aus den Gruben nach oben. Danach wurden die Steine zerkleinert und mit Seilbahn, Eisenbahn und später rmit großen Muldenkippern zu den Brennöfen transportiert. 

Die Steinbrüche im Düsseltal waren kleiner, und die Natur wurde nicht so stark in Mitleidenschaft gezogen. Nachdem sie stillgelegt wurden hat sich die Natur so weit erholt, dass man ohne genaue Lagekennt-nisse die Brüche kaum erkennt. Nur steile Felswände, oder verrostete Schilder mit der Aufschrift „Betreten verboten“, weisen auf die alten Standorte hin. 

Die Natur im Düsseltal

Durch die besondere Bodenbeschaffenheit im Talbereich der Düssel haben nur angepasste Baumarten gute Wachstums-bedingungen. Im feuchten Uferbereich gedeihen Erlen und Weiden. Danach folgt auf trockenerem Boden die Esche. An den Hängen hat sich im Laufe der Jahre ein prächtiger Mischwald entwickelt. Durch das  

dichte Laubwerk der Bäume und Sträucher ist es auch in den Sommermonaten an vielen Stellen schattig und angenehm kühl. Kleine Tümpel, Feuchtwiesen und Auenwälder bleiben erhalten und sind wichtige Lebensräume für eine Vielzahl von Klein-lebewesen wie Frösche, Eidechsen und Ringelnattern. Eine weitere wichtige Funktion im Gleichgewicht der Natur erfüllen die Wiesenflächen im Düsseltal. Von April bis Juni wachsen dort Gräser und Wildblumen. Sie sind die Nahrungsgrundlage für Insekten und andere Tiere.

Huppertsbracken

Auf dem weiteren Weg durch das enge Tal kommen wir an dem 1984 teilrestaurierten Trichterofen Huppertsbracken vorbei. Dieser Kalkofen wurde 1672 erstmals erwähnt. Um kurze Transportwege zu haben, hat man ihn direkt vor einem Steinbruch er-richtet, der aber inzwischen von der Natur zurück-erobert wurde.

Die Funktionsweise des Ofens

Zuerst wurde in den Trichter des Ofens abwechselnd Steinkohle und Kalkstein gefüllt. Danach entfachte man unten am Mundloch ein Feuer. Der Ofen musste nun mehrere Tage und Nächte gleichmäßig befeuert werden, um eine Temperatur von 900 C° bis 1200 C° zu erreichen. Die folgende Abkühlphase dauerte eine Woche. Erst danach konnte der Ofen ausgeräumt werden. Gebrannter Kalk war entstanden und konnte für viele Dinge des Alltags eingesetzt werden. Zur damaligen Zeit wurde Kalk als Wandfarbe, als Mörtel für den Hausbau oder zum Düngen der Fel-der benötigt.

Winkelsmühle

Nach einigen hundert Metern macht die Düssel einen Bogen. Im Laufe der Zeit ist an dieser Stelle ein Auenwald (Feuchtgebiet, ein besonderer Lebensraum für Pflanzen und Tiere) entstanden. Danach folgt ein großer Teich und kurz darauf erkennen wir die Winkels-mühle. Unter diesem Namen wurde sie 1483 erstmals urkundlich erwähnt. Durch die Kriegswirren im 17. Jahrhundert hatte die Mühle stark gelitten. Nach einem Brand 1971 wurde das Gebäude von Grund auf renoviert. Heute befindet sich die Mühle im Privat-besitz. Eine Besonderheit ist das große Wasserrad mit dem über einen Generator Strom erzeugt wird. Noch Anfang des vorigen Jahrhunderts war die Winkelsmühle ein Restaurant. Der Besitzer warb mit dieser Anzeige:

  • Große Forellen- und Karpfen-Zucht. Ausgedehnter Gondelteich, elektrisches Licht, Saal mit neuem Hupfeld-Orchestrion. guter Kaffee, helle und dunkle Biere, Weine in vorzüglicher Qualität.

Später in den 30er Jahren war der große Teich vor der Mühle ein Naturstrandbad.


Das obere Bild zeigt eine alte Fußgängerbrücke über die Düssel. Nach dem Mittagessen in der Gaststätte Im Kühlen Grunde trank man hier auf der Brücke zur besseren Bekömmlichkeit einen Schnaps. Deswegen hieß die Brücke im Volksmund Schnaps-brücke.

Das mittlere Bild zeigt die Reste der ehemaligen Eisenbahnbrücke. Die Schienen hat man abmontiert und in handliche Stücke zersägt. Man findet sie zum Beispiel als Zaunpfähle an der Straße zum Kühlen Grunde.

Das untere Bild zeigt die ehemalige Kantine und Pension der Kalkarbeiter „Im Kühlen Grunde“. Die Gastwirtschaft ist heute sehr beliebt und bietet Gerichte aus der Region an.



Das Grundstückk der Winkelsmühle ist Privatbesitz. Der alte Wanderweg musste verlegt werden und führt jetzt in einem Bogen an der Winkelsmühle vorbei. Ein kleiner Nachteil ist, dass der schöne Blick auf das alte Gebäudes nicht mehr möglich ist.

Auf der Straße Winkelsmühler Weg / Bracken haben Ende 2020 umfangreiche Baumfällungen stattgefunden. Nach Rücksprache mit dem zuständigen Amt wurde mir mitgeteilt, dass diese Maßnahmen unumgänglich waren, da viele Bäume Krankheiten hatten und so eine Gefahr für den Straßenverkehr darstellten.

 

  • Bild 1: Oberhalb des Düsseltals führen Wanderwege durch eine wunderbare Kulturlandschaft.
  • Bild 2: An den Feldrändern wachsen wieder heimische Wildblumen.
  • Bild 3: In einem Naturschutzgebiet bleiben umgestürzte Bäume liegen und dürfen auf natürliche Art und Weise verrotten.
  • Bild 4: Am Kalkofen Huppertsbracken hat die Düssel kaum etwas von ihrer Ursprünglichkeit verloren.
  • Bild 5: Der teilrestaurierte Kalkofen Huppertsbracken. Im oberen Teil sieht man die Reste des Trichters. Unten ist das Mundloch zuerkennen, in dem das Feuer entfacht wurde. 
  • Bild 6: Bäume und Sträucher spenden Schatten und sind der Lebensraum für eine Vielzahl von Kleinlebewesen.
  • Bild 7: Das Wehr auf der Rückseite der Winkelsmühle ist auch für den Graureiher ein bevorzugter Platz. 
  • Bild 8: Der Winkelsmühle wurde 1483 erstmals urkundlich erwähnt.
  • Bild 9: Die Düssel wird über ein Wasserrad geleitet. Dabei wird ein Generator angetrieben und Strom erzeugt.


 Lesen Sie bitte weiter - Die Düsse Teil 3



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Literatur- und Quellennachweis: Nur mit Hilfe der unten aufgeführten Schriften war es uns möglich diese Dokumentation zu verwirklichen:

Bürgerverein Wülfrath-Düssel e.V: Ein historischer Spaziergang durch Düssel, 2003 –  Eggerath, Hanna, Irene Markowitz (†): Im Gesteins, 2. ergänzte und überarbeitete Auflage 2012, Eigenverlag Bergischer Geschichtsverein e. V., ISBN 978-3-925626-39-5  –  Ewenz, Gabriele (Hrsg.), Autobiographische Schriften, in: Johann Wilhelm Schirmer. Vom Rheinland in die Welt, Bd. 2, Petersberg 2010, S. 67  –   Förderverein Haus Am Quall e.V., Arbeitskreis Kultur- und Heimatpflege, Kalkspuren  –   Mettmanner Zeitung 1887  –  Reising, Paul: Neues vom Eulenkopfweg, Wuppertal, Born-Verlag 1994, ISBN 3-87093-068-3  –  wikipedia  verschiedene Schautafeln und ausgelegtes Informationsmaterial.

 

 
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